Technik ist manchmal auch unzuverlässig, darum leider erst heute und hier die Antworten auf die Fragen vom NABU und Winsener Anzeiger.
Sehr geehrte Frau Romberg, sehr geehrter Herr Busch, sehr geehrter Herr Urhan,
vielen Dank für Ihr Interesse an meiner Kandidatur und den Hinweis auf unsere Verpflichtung zum Schutz unserer Landschaft, der Tier- und Pflanzenwelt sowie unseres natürlichen Lebensraums, der auch nach meiner Einschätzung reich an Naturschätzen ist und den es zu erhalten und auszubauen gebietet.
Zunächst meine Bitte an Sie, Frau Romberg und Herr Busch, welche zugleich ein Angebot zum ständigen Austausch beinhaltet: Seien Sie weiter wachsam und ermahnen Sie weiterhin die Politik, wenn Umwelt- und Naturschutz außer Acht zu geraten droht. Ich bin gespannt und habe ein offenes Ohr für Ihre Ideen.
Ich beantworte in der Folge die an mich gerichteten Fragen des Herrn Urhan:
Ich teile die Einschätzung des NABU uneingeschränkt. Ich habe mir auf die Fahne geschrieben, mich für eine lebenswerte Samtgemeinde auch für künftige Generationen einzusetzen. Insbesondere die Landschaft mit all ihrer Vielfalt spielt in unserer Region eine ganz besondere Rolle. Bereits an dieser Stelle möchte ich aber auf eines hinweisen: Völlig unabhängig von meiner Meinung und meiner persönlichen Einstellung geht es bei dem Amt des Samtgemeindebürgermeisters – vereinfacht dargestellt – in erster Linie darum, die Grundlagen für eine effiziente Verwaltung zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger zu legen und das Amt fachlich korrekt und parteipolitisch neutral – losgelöst von eigenen Anschauungen – auszuüben. Deshalb geht es im Wahlkampf – beziehungsweise bei der Wahl am 08.09.2024 – vor allem darum, eine Person zu finden, die eine entsprechende fachliche Eignung für das Amt des Samtgemeindebürgermeisters mitbringt.
Der Samtgemeinderat, dessen Mitglieder als Kommunalpolitiker zuallererst Adressaten Ihres Appells sein sollten, wird am kommenden Sonntag nicht gewählt.
Auf meiner Agenda habe ich zum Thema Naturschutz insbesondere das Thema „verträgliche Nutzung von Windkraft“. Hierzu habe ich bereits mehrfach ausführlich dargelegt, dass die Ausweisung des Waldgebietes Osterheide zwischen Salzhausen, Garstedt und Toppenstedt als Vorranggebiet Windkraft für mich persönlich nicht vertretbar ist, weil dadurch der Wald als Lebensraum für Tiere zerstört wird und im großen Maßstab Flächen versiegelt werden (Winsener Anzeiger, 17.08.2024). Dieses Thema wird uns in den kommenden Monaten und Jahren beschäftigen und das Spannungsfeld zwischen Klimaschutz auf der einen Seite und Naturschutz auf der anderen Seite offenbaren. Wenn für die Errichtung von Windkraftanlagen Wälder gerodet werden und versiegelte Straßen zu den Anlagen durch die Natur geführt werden, dann ist die heimische Fauna und Flora massiv beeinträchtigt. Es wird deshalb herausragend wichtig sein, ein gesundes Maß an Windkraft für den Klimaschutz zu realisieren, ohne gleichzeitig den Naturschutz dabei nicht aus den Augen zu verlieren. Für mich gibt es keinen hochwertigen Wald und minderwertigen Wald. Es gibt nur den Wald, der Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Menschen ist.
In den Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern auf meinen Veranstaltungen ist das Thema Windkraft und infolge dessen auch Naturschutz stets eines der beherrschenden Themen. Selbstverständlich diskutiere ich mit Bürgerinnen und Bürgern auf den zahlreichen Veranstaltungen, die ich in den vergangenen Wochen auf meiner Tour durch die Samtgemeinde unternommen habe, in diesem Zusammenhang auch über den Naturschutz.
Ich sehe den NABU auch als Interessenvertretung und freue mich über einen künftigen Austausch, denn es ist nach meiner festen Überzeugung für die Akzeptanz politischer Entscheidungen absolut wichtig, dass sich diejenigen, die von Entscheidungen betroffen sind, umfassend und frühzeitig informiert werden und die Gelegenheit haben, sich in den Prozess einzubringen.
Was für eine tolle Idee ist das denn? Andreas und Lea aus dem JUZ haben unter den Jugendlichen Fragen an uns, die Kandidierenden zur Wahl des Samtgemeindebürgermeisters am 08.0.24, gesammelt. Als einheitlicher Fragebogen ging er uns zu und das JUZ hat sie nahezu zeitgleich auf ihren Social Media Accounts geteilt. Das ist ein ganz großartiges Engagement für die Stärkung der Demokratie und lädt die jungen Menschen ein sich mit der Kommunalpolitik zu beschäftigen und sich einzubringen. Dafür herzlichen Dank an Lea und Andreas. Ein offenes Ohr für die Belange der Jugend ist für mich selbstverständlich, denn schließlich geht es bei unserem Handeln immer auch um Ihre Zukunft.
Hier meine Antworten auf die Fragen:
Welche Ideen haben Sie, um Salzhausen und die Umgebung attraktiv für Kinder zu gestalten?
Ich meine, viel wichtiger als meine sind Eure Ideen. Deshalb würde ich vor allem Euch danach fragen, wie wir Salzhausen und die Umgebung attraktiv für Kinder gestalten können.
Ich denke, wir brauchen in der Samtgemeinde mehr Treffpunkte für Kinder und Jugendliche. Außerdem reichen die Busverbindungen zwischen den Gemeinden nicht aus, damit sich Jugendliche auch nach der Schule mit ihren Freundinnen und Freunden treffen können. Frei zugängliches WLAN sollte es ebenfalls geben, nicht nur in Salzhausen, sondern auch in den anderen Dörfern.
Was würden Sie als erstes verändern, wenn Sie gewählt werden?
Als erstes würde ich vermutlich den Bürostuhl von Herrn Krause auf meine Höhe einstellen 😊. Im Ernst: Als Samtgemeindebürgermeister kann ich ja (zum Glück!) auch nicht alles einfach so verändern. Ich komme aber möglichst schnell zu einer Sprechstunde ins JUZ und höre mir Eure Ideen an.
Haben Sie schonmal gekifft?
Ja, während meiner Zivildienstzeit in Lüneburg habe ich es zumindest versucht. Allerdings habe ich es überhaupt nicht vertragen, weshalb das Kiffen für mich nichts Verlockendes mehr hat.
Wer ist Ihre Lieblings Musiker:in?
Ich finde, jede Zeit hat gute und schlechte Musik. Ich höre gern deutschen Hiphop, aber eher ältere Sachen wie Fettes Brot, Fanta4 oder Jan Delay, aber auch Heavy Metal-Klassiker wie Iron Maiden und Metallica. Meine eigentlichen Lieblingsmusiker sind schon immer: The Beatles!
Zocken Sie und wenn ja, was?
Am Computer? Also wir haben eine Wii und da spiele ich mit meiner Familie gelegentlich Mario Kart. Ansonsten „zocke“ ich gern Doppelkopf oder Skat und seit kurzem Steel-Darts.
Welches ist der schönste Ort in der Samtgemeinde?
Bei mir zu Hause auf dem Hof und im Garten, auch die Eyendorfer Sporthalle ist für ein zweites Wohnzimmer. Es gibt in der Samtgemeinde viele schöne Orte, da möchte gar keinen besonders hervorheben. Ich bin der Meinung, dass unsere Samtgemeinde eine wunderbare Region ist, am Rande der Lüneburger Heide.
Warum sind Sie besser geeignet als Ihre Mitbewerber:innen?
Weil ich das, was man als Samtgemeindebürgermeister wissen und können muss, studiert habe. Ich bin Verwaltungsjurist und arbeite seit 15 Jahren in der öffentlichen Verwaltung. Zudem gehöre ich keiner Partei an und kann deshalb glaubhaft allein zum Wohle der Samtgemeinde handeln, ohne Parteiinteressen berücksichtigen zu müssen. Außerdem kann ich gut zuhören, bin geduldig und setze mich gern für andere Menschen ein.
Wie soll die Samtgemeinde Salzhausen in Zukunft aussehen?
Die Menschen, die hier leben, sollen sich wohl fühlen und miteinander gut auskommen. Hierfür brauchen wir günstige Wohnungen, ein gutes Angebot an Handwerkern und Geschäften vor Ort,attraktive Vereine und vieles mehr.
Waren Sie schonmal im Jugendzentrum?
Ja, das ist aber schon eine ganze Weile her – Asche auf mein Haupt! Ich schau in den nächsten Tagen einmal rein, wenn Ihr mich reinlasst. Darf ich denn mit Mitte 50 da überhaupt rein?
Was sind die Ziele, die Sie für junge Menschen in der Samtgemeinde verfolgen?
Ich freue mich, wenn wir es gemeinsam schaffen, möglichst viele – auch Jugendliche – für unsere Dörfer und die Samtgemeinde zu begeistern. Deshalb kann euch versprechen, immer ein offenes Ohr für junge Menschen zu haben. Dass die Samtgemeinde ein Jugendparlament hat, ist eine tolle Sache und ich werde regelmäßig mit Euren Vertretern über Eure Ziele und Anliegen sprechen und diese unterstützten.
Hast du eine Jugendsünde?
Oh ja, vermutlich mehr als eine. Ich bin aber mittlerweile mit mir im Reinen.
Vielen Dank für Euer Interesse an mir und meiner Kandidatur!
Dem Aufruf der BI „Gegenwind“ sind eine Vielzahl (ca. 100) interessierter Bürgerinnen und Bürger aus der Samtgemeinde und auch aus Raven gefolgt. Auch ich bin der Einladung von Herrn Lauenstein gern gefolgt, da mich die Position der Bürgerinnen und Bürger, die sich in der BI organisiert haben, natürlich interessiert. Die Veranstaltung war aufgrund der Begrüßung durch Herrn Maselkowski von Anfang an sehr emotional. Es wurden dann mehrere Vorträge dargeboten, in welchen das Anliegen mit Zahlen und Fakten unterlegt wurde.
Im Anschluss waren Wortmeldungen zugelassen. Ich habe die Möglichkeit mehrfach genutzt:
Habe zunächst nach Alternativen gefragt, was eine interessante Diskussion entfachte.
Habe auf die Schutzpflichten des Staates vor Klimafolgeschäden und die Verpflichtung, Klimaneutralität herzustellen, hingewiesen.
Habe anbringen können, dass der geplante Umfang der Belastung durch beabsichtigte Vorranggebiete Windkraft in der SG nach meiner Überzeugung deutlich zu groß ist und die Ausweisung im Wald gegen die Klimaschutzgesetze des Bundes und des Landes verstößt.
Habe die BI darin bestärkt, sich zu organisieren und im Rahmen der beabsichtigten Auslegung des Entwurf zur Änderung des RROP durch den Landkreis Stellungnahmen abzugeben, damit möglicherweise eine Regelung in ihrem Sinne erreicht werden kann.
Habe auf Nachfrage erklärt, was es mit der „Superprivilegierung“ auf sich hat: Hiernach können Festsetzungen in den Flächennutzungsplänen und Maßnahmen der Landesplanung dem Bau einer Windkraftanlage nicht entgegengesetzt werden, wenn der Landkreis nicht bis Ende 2027 Vorranggebiete für Windkraft in einem Umfang von 2,44 Prozent der Kreisfläche wirksam ausgewiesen hat. Windkraftanlagen können dann praktisch überall im Außenbereich gebaut werden.
Habe auf das Argument „wir brauchen aktuell kein einziges Windrad“ das in Teilen bestätigt und darauf hingewiesen, das es sich bei der Planung um Zukunftsmusik handelt und der Ausbau der Netze und der Speichertechnologie ( Wasserstoff) parallel laufen muss, damit der Ausbau der Windkraft Sinn ergibt.
Ich hätte gern noch zu dem einen oder anderen Redebeitrag etwas sagen wollen, allerdings hat man mir das Mikro nicht mehr geben wollen 😉.
Herr Maselkowski und praktisch alle haben honoriert, dass ich „den Arsch in der Hose“ habe und mich in diesem Rahmen der Diskussion stelle.
Ich habe großes Verständnis für das Anliegen der BI und habe aufgrund dessen sehr gern als „Sparringspartner“ gedient.
Es ist noch gar nicht so lange her, da war es normal, dass mehrere Generationen unter einem Dach lebten und „die Alten“ von ihren Kindern gepflegt wurden, wenn dies erforderlich wurde. Auch bei uns zuhause war es so: Unsere Oma lebte bei uns im Haus auf ihrem Altenteil und wurde – als sie dann irgendwann nach einem langen Leben voller Arbeit darauf angewiesen war – von unserer Mutter und unserer Tante, die ebenfalls bei uns im Haushalt lebte, versorgt und gepflegt. Unsere Oma verstarb mit 93 Jahren im Schoße der Familie. Dies war nur deshalb möglich, weil unsere Mutter ihren Arbeitsplatz beim uns im Haus und Garten hatte.
Heutzutage ist den meisten Menschen eine Pflege von Angehörigen ohne professionelle Hilfe nicht mehr möglich. Als wir vor kurzem selbst in die Situation gekommen waren, dass wir Unterstützung bei der Pflege brauchten, merkten wir, wie schwierig es ist, professionelle Hilfe zu bekommen. Ich wollte es genauer wissen, ob wir uns Sorgen machen müssen und habe im Mai 2024 mit Nikolaus Lemberg von der Interessengemeinschaft e. V. über die Pflegesituation in der Samtgemeinde gesprochen:
Jens: Lieber Nikolaus, eine Frage an Dich als Eyendorfer: Beim MTV Eyendorf gibt es eine Regel, wonach man eine Kiste Bier ausgeben muss, wenn man es auf die Titelseite des “Winsener Anzeigers” schafft. Wie viele Kisten hättest Du im vergangenen Jahr ausgeben müssen?
Nikolaus (lacht): Ich habe es jetzt nicht gezählt, aber wenn ich mal so rückwärts abspule, würde ich sagen, drei, vier Kisten wären es gewesen: Also mehr, als ich alleine trinke.
Jens: Den Eindruck hatte ich auch. Das ist ja schon ein sehr aktuelles Thema: die Pflege.
Seit dem 1.9.2022 gibt es eine Verpflichtung der Pflegeheime und der ambulanten Pflegedienste, die Arbeitsentgelte dem TVöD anzupassen. Ab März 2024 gab es dann eine tarifliche Erhöhung der Entgeltgruppen um einen Sockelbetrag von 200 Euro plus 5,5 Prozent, mindestens aber 340 Euro. Kannst du sagen, inwieweit sich bei Euch die Arbeitsentgelte seit 1.9.2022 erhöht haben?
Nikolaus: Ja, das sind tatsächlich zwischen 20 und 25 Prozent Erhöhung. Und das ist im Kontext dieser Tariftreue-Regelung passiert. Wir haben uns aufgrund der Situation, dass wir nicht nur Pflege, sondern auch Schulkindbetreuung und Schulassistenz haben, für die Anlehnung an den TVöD entschieden. Andere haben sich für das “regional übliche Entgelt” oder für kirchliche Arbeitsrechtsregelungen entschieden, was ebenso möglich gewesen wäre.
Jens: Aber diese Differenzen, die zahlen doch die Kassen, oder?
Nikolaus: So steht es im Gesetz, es passiert aber nicht. Wie kann das sein? Im Ergebnis versagt hier die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen.
Selbstverwaltung in diesem Sinne sind die Leistungserbringer und die Kostenträgerverbände, die die Vergütungsvereinbarungen schließen und so weiter. Und da stellen sich die Krankenkassen stur und sagen: Nö, machen wir nicht. Oder verweisen auf andere Bereiche, in denen bereits eine Anpassung erfolgte.
Die Interessengemeinschaft ist ein gemeinnütziger Verein. Hier muss kein Unternehmergewinn erzielt werden. Aber obwohl wir darauf verzichten, kommen wir nicht auf eine schwarze Null. Und das beweist ja eigentlich schon, dass dieses neue Modell der Tariftreue so nicht funktionieren kann.
Jens: Hast du den Eindruck, da ist Land in Sicht oder hast du da keine Hoffnung?
Nikolaus: Nein, habe ich tatsächlich im Moment nicht. Weil es immer dann wieder diesen Verschiebebahnhof gibt. Der Bund sagt, haben wir doch gemacht, es mangelt an der Umsetzung. Die Kassen sagen, da muss der Bund in der Gesetzgebung nachsteuern. Das Land sagt, wir können auch nichts machen. Wir haben zwar die Rechtsaufsicht, aber die AOK, die ist da frei in ihrer Gestaltung. Also: der eine verschiebt es auf den anderen.
Jens: Wie trägst du jetzt gerade die Mehrkosten, wie läuft das tatsächlich?
Nikolaus: Tatsächlich ist es so, dass wir Rücklagen aufbrauchen, die wir für ganz andere Dinge angespart haben. Also zum Beispiel seht ihr vor dem Haus E-Autos stehen, die noch nicht in Betrieb genommen sind. Geplant war die Erstellung einer Photovoltaikanlage in Kombination mit E-Ladesäulen. Dieses Projekt verschieben wir jetzt erstmal in die nächsten Jahre, weil wir die Investitionskosten gerade ins Personal stecken.
Jens: Anfang Oktober 2023 habt ihr, also du und deine Kollegen von der “Initiative Pflegestopp”, die Pflege symbolisch zur Grabe getragen. Anlass war, dass etliche Pflegeeinrichtungen hier im Landkreis schließen mussten. War die Steigerung der Personalkosten der einzige Grund dafür, dass diese Unternehmen ihren Betrieb nicht weiterführen konnten, oder gab es da noch andere Gründe?
Nikolaus: Also man muss das tatsächlich unterscheiden. Die Situation von ambulanten Pflegediensten ist überall so, wie ich es hier erlebe. Die Personalkosten drehen uns einfach den Hahn zu, weil sie nicht refinanziert sind. Die stationären Betriebe haben ein anderes Problem, das sie in die Insolvenz führt:
Die stationären Betriebe haben unterschiedliche Aufsichtsbehörden, die ihnen auf die Finger gucken und die wichtigste ist die Heimaufsicht. Die Heimaufsicht begrenzt bei einer Unterschreitung einer bestimmten Fachkraftquote die Bettenbelegung. Dann werden mehrere Zimmer, eine Station oder eine ganze Etage in so einem Heim gesperrt.
Und wenn man dann weiß, dass die Kostenvereinbarung mit den Pflegekassen immer auf 95% Auslastung gerechnet ist und nur dann funktioniert, dann heißt eine Sperrung einer ganzen Etage oder einer Station, dass die Betriebe wirtschaftlich nicht mehr auf einen grünen Zweig kommen können.
Es sind natürlich auch nicht nur Pflegeeinrichtungen im Landkreis Harburg betroffen. Wenn man über die Landkreisgrenze schaut, dann sind auch Pflegeeinrichtungen in Amelinghausen, Kirchgellersen, Westergellersen, also in der ganz konkreten Umgebung betroffen. Und all das drückt natürlich noch mehr auf die ambulante Versorgung und lässt hier noch mal häufiger die Telefone schellen, weil die Leute in ihrer Not auf die ambulante Versorgung durch uns zurückgreifen.
Jens: Okay, das ist jetzt ein schon paar Monate her, hat sich seitdem schon irgendwas verändert?
Nikolaus: Nein. Also man fragt sich wirklich, wer eigentlich in der großen Politik noch auf was wartet. Die Alarmzeichen sind so deutlich und wir haben uns ja nun schon vor etwa zwei Jahren mit einem Appell an die kommunale Ebene gerichtet. Ich meckere über die Bundes- und Landespolitik und über die Selbstverwaltung, aber ich bin auch darüber frustriert, dass vonseiten derjenigen, die kommunal in den Gemeinden und auch im Landkreis die Verantwortung tragen, ein richtiger Druck, ein Aufbäumen nicht stattfindet und das wird uns allen vor die Füße fallen.Hier in der Samtgemeinde Salzhausen werden in den nächsten Jahren die Familien als Angehörige pflegebedüftiger Menschen keine Versorgung mehr finden. Und spätestens dann ist die Pflege eben doch ein kommunales Thema.
Jens: Was genau meinst du, könnten oder sollten die Kommunen denn tun? Also insbesondere die Samtgemeinde oder die Gemeinden, das ist natürlich das, was mich besonders interessiert. Was kann ich tun, wenn ich Samtgemeindebürgermeister würde, um die Situation für euch und die Pflegeheime zu verbessern? Nach oben Druck machen?
Nikolaus: Nach oben Druck machen ist ein Punkt. Der Landkreis steht in der Verpflichtung, eine kommunale Pflegeplanung zu machen, das hat der Gesetzgeber dem Landkreis auferlegt. Das macht er für mich wahrnehmbar – schon seit mehreren Jahren – nicht. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die Mitglieder in den kommunalen Räten dann auch fragen, ob das jetzt überhaupt ihr Thema ist.
Es ist aber nicht nur eine kommunale Pflegeplanung, sondern es ist auch eine regionale und lokale Pflegeplanung erforderlich, welche unterhalb des Landkreises stattfinden könnte. Man sollte sich auch mit den Nachbarkommunen unterhalten, wie denn die Lage zum Beispiel Richtung Samtgemeinde Hanstedt ist. Da fehlt es nämlich an ausreichenden Kapazitäten.
Jens: Wir haben ja hier in Salzhausen mit der Tagespflege vom Heidmarkhof, den Johannitern und der Tagespflege Witthöftsfelde drei Einrichtungen der Tagespflege. Dann haben wir Angebote der stationären Pflege im Heidmarkhof und in Garstedt, zudem ambulante Pflege durch euch, von “Pflege zu Haus” vom Heidmarkhof und durch die Johanniter. Und dann gibt es betreutes Wohnen im Maschensfeld, im Heidmarkhof und im Witthöftsfelde.
Salzhausen selbst scheint ja ganz gut versorgt zu sein. Wird das dem aktuellen Bedarf gerecht? Und wenn man mal nicht nur auf die Gemeinde Salzhausen schaut, sondern insgesamt auf die Samtgemeinde, wie siehst du da die aktuelle Versorgung mit Pflegeangeboten?
Nikolaus: Was wir hier überall zu wenig haben, ist die Wohnortnahversorgung mit innovativen neuen Wohn- und Betreuungsformen.
Jens: In Neu Wulmstorf ist jetzt aktuell ein neuer Komplex mit über 6.500 Quadratmeter Mietfläche entstanden. Die Pflegeeinrichtung wird von einem Unternehmen betrieben, das deutschlandweit mit 3.700 Mitarbeitern tätig ist, außerdem auch in China und Österreich. Ändert sich gerade die Marktstruktur in der Pflegebranche?
Nikolaus: Nach meinem Bauchgefühl sind die Großen auch schon wieder auf dem absteigenden Ast. Börsennotierte Player im Pflegebereich gibt es schon seit 15, 20 Jahren, aber zunehmend greift es um sich. Und gleichzeitig ist klar, dass das nicht funktionieren wird, weil die großen Einrichtungen in der Ansprache ihrer Mitarbeitenden keinen Fuß auf die Erde kriegen. Das heißt, die können diese Herausforderung, die ja immer eine persönlich menschliche ist, aufgrund ihrer Konzernstruktur überhaupt nicht erfüllen. Wer das kann, ist so eine Einrichtung wie hier der Heidmarkhof.
Jens: Wie bekommen diese Konzerne das denn wirtschaftlich hin? Haben die ausreichend viele Pflegefachkräfte, so dass die Heimleitung nicht einschreiten muss?
Nikolaus: Bei einer großen Einrichtung in Winsen stand der Neubau ein Dreivierteljahr leer und ist jetzt erst belegt worden, weil durch die Insolvenzen der anderen Pflegeheime nicht nur die Kunden, sondern auch die Mitarbeiter in diese Einrichtung gewechselt sind. Den Neubau hätte der Betreiber gerne schon vor einem Dreivierteljahr belegt, konnte es aber nicht. Jetzt kann er es.
Jens: In Scharmbeck betreibt ihr eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz. Warum gibt es nicht mehr alternative Wohnprojekte wie zum Beispiel Alten-WGs?
Nikolaus: Wir brauchen ganz andere Formate, weil wir es einfach nicht mehr personell bewältigen werden. Die Leute lassen sich nicht zu dem ausbilden, zu dem wir sie gerne ausbilden wollen. Und wenn wir nicht zufälligerweise vor Jahren begonnen hätten, Menschen aus dem Kreise der Geflüchteten auszubilden, hätten wir gar keine Auszubildende.
Wohnformen für spezielle Zielgruppen, ambulant betreute Wohngemeinschaften, Generationenwohnen: Aktuell fehlt hier auf dem Land noch die Fantasie, solche Wohnformen auf den Weg zu bringen. Ich sehe definitiv auch die Kommunalparlamente und die Samtgemeindeebene in der Verantwortung, solche Ideen zu realisieren. Andere Bundesländer sind da viel weiter. Es wird dahin gehen, dass die Wohnformen im Alter sich verändern, und dann kann man sich darum kümmern oder es einfach nur so passieren lassen. Ich würde sagen, der richtige Weg ist, sich darum zu kümmern.
Jens: Wie geht es deinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern? Hast du bei all den Anforderungen auch noch ein Auge auf die Mitarbeitenden?
Nikolaus: Doch, wir bemühen uns. Ich bemühe mich da selbst. Also ich glaube, was die Mitarbeitenden hier schätzen, ist, dass der Geschäftsführer und die Leitungskräfte ein offenes Ohr auch für die kleinen Themen des Lebens haben.
Wir bemühen uns um mitarbeiterfreundliche Dienstzeiten und kümmern uns um die Menschen, mit denen wir hier zusammen leben und arbeiten.
Jens: Wenn du jetzt mal so in die Zukunft schaust, wie würde das in 30 Jahren aussehen, wenn wir beide alt sind und gepflegt werden müssen?
Nikolaus: Also noch viel bunter. Ich hoffe, dass wir es dann auch wieder hinkriegen, dass junge Menschen, die in Deutschland aufgewachsen sind, die Pflege als attraktiven Beruf wahrnehmen. Da wird sich dann hoffentlich das auszahlen, was wir jetzt im Moment so als leidvollen Weg empfinden: Die Einführung der Tariftreue.
„Die Pflege ist der bestbezahlte Ausbildungsberuf, den man überhaupt ergreifen kann.“
Aber man muss auch deutlich darauf hinweisen, dass die Pflege der bestbezahlte Ausbildungsberuf ist, den man überhaupt ergreifen kann. Nirgends kann man mehr Geld während der Ausbildung verdienen als in der Pflege. Es wäre schön, wenn insbesondere junge Menschen wieder den Wert solcher Berufe erkennen, ganz unabhängig von der Vergütung.
Jens: Wie kann man das machen? Wie kann man den Beruf attraktiver machen?
Nikolaus: Man kann nur immer wieder darüber erzählen und einfach mit Menschen im Gespräch sein. Gerade auch in den Phasen, wo es für Familien, für Einzelne, als Angehörige, als pflegende Angehörige so bedeutsam wird. Wir haben auch Beratungsangebote und Kurse für pflegende Angehörige. Und es ist nicht selten, dass Menschen nach einer Pflegesituation in der Familie einen beruflichen Umstieg oder eine Neuorientierung hin zur Pflege anstreben. Und so entstehen da im lokalen Bereich immer neue Kontakte.
Jens: Hast du noch weitere Wünsche an die kommunale Politik?
Nikolaus: Ich würde mir wünschen, dass man intensiver über altersgerechtes Wohnen nachdenkt. Das Thema altersgerechtes Wohnen ist komplex und fängt unter anderem bei den Wohn- oder den Bebauungsplänen an. Es ist schön, wenn die KWG im Wohngebiet „Witthöftsfelde Süd“ in Salzhausen kleinteilige Wohnungen baut, aber gibt es auch Grundrisse im Angebot, die zum Beispiel Wohngemeinschaften ermöglichen? Und es gibt ja bauliche und Architektur-Konzepte, wonach bei einer Einzelwohnung nach Entfernung einiger weniger Wände ein Grundriss mit Gemeinschaftsraum und Gemeinschaftsküche entsteht, der sich als Wohngemeinschaft eignet.
Jens: Lieber Nikolaus, vielen Dank für dieses sehr interessante Gespräch!
Wenn wir hier vor Ort in Würde alt werden wollen, müssen wir entsprechende Angebote für altersgerechtes Wohnen auf der Grundlage der Bauleitplanung schaffen. Auch die Möglichkeit, alternativen Wohnformen zu schaffen, sollte man ganz konkret in Erwägung ziehen. Hierzu halte ich es für unbedingt erforderlich und absolut hilfreich, auch diejenigen nach ihren Wünschen und Vorstellungen zum altersgerechten Wohnen zu fragen und konkret zu beteiligen, die jetzt schon davon betroffen sind: Die heutigen Seniorinnen und Senioren. Außerdem benötigen die Institutionen vor Ort die Unterstützung der Kommunen. Wir können und dürfen nicht darauf vertrauen, dass andere unsere Zukunft planen und gestalten. Darum müssen und wollen wir uns selbst kümmern. Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam gute Lösungen finden werden.